Amnesty 28. Mai 2021

Ein Mensch weniger

Seit 1973 setzt sich Amnesty International für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe ein.

Seit 1973 setzt sich Amnesty International für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe ein.

Der südkoreanische Politiker Kim Dae-Jung (1925–2009) war einst ein gewaltloser politischer Gefangener. Als Präsident setzte er sich später für die Achtung der Menschenrechte in Südkorea und auf der ganzen Welt ein. Für seine Politik der Annäherung an Nordkorea wurde er im Jahr 2000 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Kim Dae-Jung hat viel bewirkt. Doch beinahe wäre es dazu nie gekommen. Denn während der Militärdiktatur war er 1980 unter dem Vorwurf, Unruhen geschürt zu haben, zum Tode verurteilt worden. Amnesty International und andere Organisationen forderten seine Begnadigung. Nach weltweiten Protesten und Kampagnen wurde das Todesurteil schließlich umgewandelt. 1982 kam Kim Dae-Jung aus der Haft frei.

Er ist einer von vielen Menschen, die Amnesty vor der Hinrichtung retten konnte. Seit 1973 ist die Abschaffung der Todesstrafe eines der wichtigsten Anliegen der Organisation. Amnesty lehnt die Todesstrafe uneingeschränkt ab, weil sie einen Angriff auf die menschliche Würde darstellt. Sie verletzt das Menschenrecht auf Leben und das Recht, keiner grausamen und unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe unterworfen zu werden. Die Organisation erkennt das Recht und die Verantwortung von Staaten an, Straftäterinnen und Straftäter vor Gericht zu stellen. Staatliches Töten ist jedoch keine angemessene Antwort auf Mord und andere Verbrechen.

Dennoch werden jedes Jahr weltweit Tausende Menschen hingerichtet – durch den Strang, durch eine Giftspritze, Stromschläge oder einen gezielten Schuss. Enthauptungen und Steinigungen zählen zu den besonders grausamen Formen der Hinrichtung. Die Gefahr, eine Unschuldige oder einen Unschuldigen hinzurichten, ist allgegenwärtig, denn kein Justizwesen der Welt ist frei von Fehlern und Vorurteilen. Allein in den USA mussten seit der Wiederzulassung der Todesstrafe 1976 fast 140 ursprünglich zum Tode Verurteilte aus der Todeszelle entlassen werden, weil sie nachweislich unschuldig waren.

Im Dezember 1977 veranstaltete Amnesty International eine "Konferenz zur Abschaffung der Todesstrafe" in Stockholm, an der über 200 Personen aus fast allen Teilen der Welt teilnahmen. Damals gab es gerade einmal 24 Staaten, die sie vollständig abgeschafft hatten. Das sollte sich grundlegend ändern. Die Zahl der Staaten, die sich völlig von der Todesstrafe verabschiedet haben, liegt heute bei 96. Nur noch 58 Staaten halten an Hinrichtungen fest, die wenigsten unter ihnen führen noch regelmäßig Exekutionen durch.

Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass nach wie mehr als 20.000 Menschen in Todestrakten sitzen. Es liegt daher noch viel Arbeit vor den Amnesty-Aktivistinnen und -Aktivisten, um das Ziel einer Welt ohne Todesstrafe zu erreichen.

Dass ihr Einsatz nicht vergebens ist, zeigt der Fall von Kim Dae-Jung. Nachdem er auch Dank der Hilfe von Amnesty der Todeszelle entkommen war, engagierte er sich weiterhin für die Demokratisierung Südkoreas. Am 18. Dezember 1997 wurde er als erster Oppositionspolitiker zum Präsidenten gewählt. Am 30. Dezember 1997 wurden 18 Männer und fünf Frauen gehängt – es sollten die letzten Hinrichtungen in der Geschichte des Landes gewesen sein. Zwei Monate später trat Kim Dae-Jung sein Amt an. Seitdem wurden in Südkorea keine Hinrichtungen mehr durchgeführt.

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Amnesty Todesstrafe

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