Aktuell 08. Oktober 2021

Internationaler Tag gegen die Todesstrafe: Frauen im Todestrakt werden massiv diskriminiert

Das Bild zeigt eine Frau mit einem Schild "The courts have been found guilty" und "Death Penalty is not justice"

Demonstration gegen die Todesstrafe in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi (Archivaufnahme)

Im Vorfeld des Internationalen Tages gegen die Todesstrafe am 10. Oktober macht Amnesty International auf die Situation von zum Tode verurteilten Frauen aufmerksam.  Viele von ihnen haben vor ihrer Verurteilung lange körperliche und sexualisierte Gewalt erlebt und nie Gerechtigkeit erfahren. Oftmals war dieser Missbrauch der Auslöser für eine Straftat, die später zum Todesurteil für die Betroffenen führte.

Noura Hussein Hamad Daoud aus dem Sudan wurde im April 2017 für den Mord an dem Mann, den sie im Alter von 16 Jahren heiraten musste, zum Tode verurteilt. Drei Jahre nach der Zwangsheirat war sie gezwungen worden, in dessen Haus zu ziehen. Dort schlugen sie der Mann, zwei seiner Brüder und ein männlicher Cousin brutal. Sie wurde festgehalten, während ihr Mann sie vergewaltigte. Amnesty International setzte sich zusammen mit anderen Organisationen für Noura Hussein Hamad Daoud ein, und schließlich wurde ihr Todesurteil umgewandelt. 

Bis Ende des letzten Jahres hatten 108 Länder die Todesstrafe vollständig abgeschafft. Glücklicherweise entfernt sich die Welt von der Ansicht, dass Staaten die Macht haben dürfen, das Recht auf Leben zu verletzen.

Rajat
Khosla
Direktor für Research, Advocacy and Policy bei Amnesty International

"Viele Frauen wurden in schlampigen, unfairen Prozessen zum Tode verurteilt, bei denen oft weder verfahrensrechtliche Garantien eingehalten noch mildernde Umstände wie langjähriger Missbrauch, Gewalt und sexuelle Übergriffe berücksichtigt wurden", sagte Rajat Khosla, Direktor für Research, Advocacy and Policy bei Amnesty International.

"Mit der Verurteilung dieser Frauen zum Tode halten die Justizsysteme weltweit nicht nur an einer abscheulichen und grausamen Strafe fest, sondern sie lassen die Frauen auch den Preis für das Behördenversagen im Kampf gegen Diskriminierung bezahlen. Da es bei der Anwendung der Todesstrafe keine Transparenz gibt, sind die uns bekannten Fälle wohl nur die Spitze des Eisbergs."

In vielen Fällen versäumten es die Behörden zu reagieren, wenn diskriminierende Praktiken angezeigt wurden. Statt diese zu beenden, entstand so vielmehr eine Kultur des Missbrauchs, der zahlreiche der im Todestrakt festgehaltenen Frauen ausgesetzt waren – und auf ihrem Weg durch das Strafjustizsystem werden sie noch weiter marginalisiert.

Im Jahr 2018 dokumentierte Amnesty International die Hinrichtung der Kurdin Zeinab Sekaanvand im Iran. Sie war noch ein Kind, als sie verheiratet wurde, und musste jahrelang sexualisierte Gewalt durch ihren Ehemann und ihren Schwager erdulden. Mit 17 Jahren wurde sie wegen Mordes an ihrem Ehemann festgenommen und in einem Gerichtsverfahren verurteilt, das bei Weitem nicht den internationalen Standards für faire Verfahren entsprach. 

Porträtbild einer jungen Frau

Zeinab Sekaanvand Lokran wurde im Oktober 2018 im Iran hingerichtet.

In einigen Ländern, darunter Ghana, konnten einige angeklagte Frauen die von ihnen erlebte geschlechtsspezifische Gewalt und Diskriminierung in den Gerichtsverfahren gegen sie nicht als mildernde Umstände geltend machen, da dort für bestimmte Straftaten wie beispielsweise Mord die Todesstrafe obligatorisch ist. In Malaysia wurde die überwältigende Mehrheit der Frauen im Todestrakt, insbesondere Ausländerinnen, wegen Drogenhandel verurteilt – der dort mit der Todesstrafe geahndet wird. 

"Bis Ende des letzten Jahres hatten 108 Länder die Todesstrafe vollständig abgeschafft. Glücklicherweise entfernt sich die Welt von der Ansicht, dass Staaten die Macht haben dürfen, das Recht auf Leben zu verletzen. Aber solange nicht alle Länder nachziehen, werden wir nicht aufhören, uns für die Abschaffung der Todesstrafe einzusetzen. Gemeinsam können wir es schaffen, dass diese grausame Strafe für immer in den Geschichtsbüchern verschwindet", sagte Rajat Khosla. 

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