Aktuell Griechenland 02. Dezember 2021

Griechenland: Geflüchtete Menschen werden rechtswidrig auf Samos festgehalten

Das Bild zeigt eine Panorama-Aufnahme, mehrere Container, einen hohen Zaun

Das von der Europäischen Union mitfinanzierte Aufnahmelager für Asylsuchende auf der griechischen Insel Samos (25. Oktober 2021)

Bis zu 450 Schutzsuchende werden seit mehr als zwei Wochen in einem aus EU-Mitteln finanzierten "geschlossenen Zentrum mit kontrolliertem Zugang" auf der griechischen Insel Samos festgehalten. Dies stellt eine gravierende Verletzung des Rechts auf Freiheit der Bewohner_innen dar. Amnesty International fordert die griechische Regierung auf, diese Praxis sofort zu beenden und Asylsuchende unter Wahrung menschenrechtlicher Standards unterzubringen.

Das bereits Mitte September eröffnete Lager auf der Insel Samos ist ein Pilotprojekt der griechischen Regierung und wird mit 276 Millionen Euro von der Europäischen Union unterstützt. Ein Team von Amnesty-Researcher_innen hat Ende November die dortigen Lebensumstände geflüchteter Menschen untersucht. "Amnesty International hat auf Samos ein EU-Camp vorgefunden, das einem Gefängnis ähnelt", sagt Franziska Vilmar, Expertin für Asylpolitik bei Amnesty International in Deutschland. "Umgeben von Stacheldraht, Rund-um-die-Uhr-Videoüberwachung, Polizei und privaten Sicherheitsdiensten werden Asylsuchende hier wie Häftlinge behandelt. Wir haben es mit einem eindeutig illegalen Vorgehen der griechischen Behörden zu tun: Geflüchtete Menschen dürfen nicht wie Gefangene behandelt werden."

Auf Grund einer Entscheidung des Migrationsministeriums vom 17. November können die Bewohner_innen des "geschlossenen Zentrums", die keine gültigen staatlichen Ausweise (sog. Asylkarten) vorweisen können, dieses nun auf unbestimmte Zeit nicht mehr verlassen. Sie werden dadurch vom öffentlichen Leben und sämtlichen Gemeinschaftsaktivitäten ferngehalten, ohne dass sie die Möglichkeit haben, rechtlich gegen ihre Inhaftierung vorzugehen.

Tweet von Adriana Tidona, European Migration Researcher bei Amnesty:

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"Wie wir befürchtet haben, verstecken sich die griechischen Behörden hinter dem rechtlich unklaren Konzept der sogenannten "geschlossenen Zentren", um Asylsuchende rechtswidrig ihrer Freiheit zu berauben. Wir fordern Griechenland auf, diese Entscheidung dringend zurückzunehmen und die Beschränkungen für die Bewohner_innen des Lagers auf Samos aufzuheben. Die Europäische Kommission muss auch die Achtung der Grundrechte in den von der EU finanzierten Einrichtungen sicherstellen", fordert Franziska Vilmar. 

Amnesty International hat in der Vergangenheit wiederholt auf die Gefahr der systematischen Missachtung des Menschenrechts auf Freiheit und Freizügigkeit in den griechischen Lagern aufmerksam gemacht. Die EU-Gelder, mit denen das Lager auf Samos errichtet wurde, sollen den Bau neuer Einrichtungen für Asylsuchende in der Ägäis finanzieren. Weitere Lager dieser Art wurden Ende November auf Leros und Kos eingeweiht und sind auch auf Lesvos und Chios geplant. Nähere Informationen sind hier zu finden.

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